Lange Weihnachtsgedichte

Stell Dir vor, es ist Weihnachten. Du bist mit Deiner Familie beisammen. Die Hauptbeleuchtung ist ausgeschaltet. Nur die Kerzen am Weihnachtsbaum erhellen den Raum mit ihrem warmen, angenehmen Licht. Passend zur besinnlichen Atmosphäre möchtest Du ein Weihnachtsgedicht vortragen, das gerne auch länger sein darf.

Am Weihnachtsabend hat es niemand eilig. Jeder nimmt sich Zeit für das Fest der Liebe – genügend Zeit für lange Weihnachtsgedichte. In unserer Liste findest Du zahlreiche Gedichte mit mehreren Strophen. Mit Sicherheit wirst Du ein geeignetes Gedicht finden, mit dem Du die weihnachtliche Stimmung Deiner Lieben noch verstärken kannst.

Aber warum sollten es nicht gleich mehrere Gedichte sein? Zu Weihnachten hast Du vor allem eines: Zeit! Nutze die Zeit, die Dir und Deiner Familie gegeben ist und genieße diese eine Nacht, in der das Christkind kommt. Sieh Dir in Ruhe unsere Liste an und erwärme am heiligen Abend die Herzen Deiner Verwandten mit den beschaulichen Texten unserer langen Weihnachtsgedichte.

Lange Weihnachtsgedichte

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Weihnacht
O Weihnachtszeit, du goldne Pforte!
Durch dich wallt still der Kinder Schar.
Und ihnen folgt voll sel’gen Hoffens
Die Menschheit nach von Jahr zu Jahr;
Wem längst in weiter Ferne liegen
Die Kinderjahre wie im Traum,
Wo noch zur Erde niederstiegen
Die Engel aus des Himmels Raum,
Der denkt zurück mit stillem Lauschen
An jene Zeit voll Poesie.
Und hört der Engel Schwingen rauschen
Wie einst des Kindes Phantasie.

Wer könnte jemals dein vergessen,
Du Weihnachtstraum der Kinderzeit!
Du bleibst ein heiliges Vermächtnis
Dem Herzen, lägst du noch so weit.
Voll Dank gedenken wir aufs Neue
Der Opfer, die uns einst gebracht
Von jener Liebe, jener Treue,
Die unserer Kindheit Glück bewacht,
Das Vaterhaus umgibt uns wieder,
Wir hören teurer Stimmen Klang,
Und süß ertönen alte Lieder
Die, ach, verklungen schon so lang.

Wir sehn im Geiste all die Lieben
Im trauten Kreise um uns her,
Die wir vermisst, die wir beweinet
Bei mancher Weihnacht Wiederkehr,
Drum lasst uns stets, was uns das Leben
Noch ließ, mit treuer Lieb’ umfahn
Und freud’gen Herzens Gaben geben
An die, die bittend sich uns nah’n,
Und der Gedanke an die Toten
Wird dann vom Weihnachtsstrahl erhellt,
Zu einem lichten Friedensboten
Aus jener höhern, bessern Welt.

O Weihnachtszeit, wo Gott vom Himmel,
Als seiner Gnade höchstes Pfand,
Den Sohn voll Lieb’ und Licht und Wahrheit
Uns Menschenkindern her gesandt,
Zünd’ an der Liebe Strahlenkerzen
Der Welt aufs neu’, macht groß und weit
Und dankerfüllt der Menschen Herzen,
Zum Geben jede Hand bereit.
Lass sanft in unsere Seele fallen
Den Strahl des Lichtes wunderbar,
Dass wir getrost durch deine Hallen
Hinübergehn ins neue Jahr.

Autor: Stine Andresen

Weihnachtslied
Brich an du schönes Morgenlicht!
Das ist der alte Morgen nicht,
Der täglich wiederkehret.
Es ist ein Leuchten aus der Fern’,
Es ist ein Schimmer, ist ein Stern,
Von dem ich längst gehöret.

Nun wird ein König aller Welt,
Von Ewigkeit zum Heil bestellt,
Ein zartes Kind geboren.
Der Teufel hat sein altes Recht
Am ganzen menschlichen Geschlecht
Verspielt schon und verloren.

Der Himmel ist jetzt nimmer weit,
Es naht die sel’ge Gotteszeit,
Der Freiheit und der Liebe.
Wohlauf! du frohe Christenheit!
Dass jeder sich nach langem Streit
In Friedenswerken übe.

Ein ewig festes Liebesband
Hält jedes Haus und jedes Land
Und alle Welt umfangen.
Wir alle sind ein heil’ger Stamm,
Der Löwe spielet mit dem Lamm,
Das Kind am Nest der Schlangen.

Wer ist noch, welcher sorgt und sinnt?
Hier in der Krippe liegt ein Kind
Mit lächelnder Gebärde!
Wir grüßen dich, du Sternenheld!
Willkommen, Heiland aller Welt!
Willkommen auf der Erde!

Autor: Max von Schenkendorf

Weihnachten
Die Tage kommen, die Tage gehn,
Der schönste Tag hat kein Bestehn,
Ob Lenz und Sommer schmückt die Welt,
Rasch kommt der Herbst ins Stoppelfeld,
Es saust, es schneit, es friert; doch dann -
Das Christkind zündet die Lichter an!

O Kindeslust, o Kindertraum,
O liebesheller Weihnachtsbaum!
In dunkle Nächte glänzt dein Licht
So froh voraus, du wandelst nicht;
Es sorgt der Mutter Herz, und dann -
Das Christkind zündet die Lichter an!

Großmama spricht: Nur still, nur still!
Denn wenn ein Kind nicht warten will,
Vorwitzig schaut voll Ungeduld,
Was dann geschieht, ’s ist seine Schuld!
Sitz still ein Weilchen nur, und dann -
Das Christkind zündet die Lichter an!

Ihr Hänschen sitzt ihr stumm im Schoß,
Macht nur die Augen hell und groß,
Hat für sein fragend Kätzchen dort
Kein Auge jetzt, kein Schmeichelwort;
Großmutter blickt so lieb, und dann -
Das Christkind zündet die Lichter an. – –

Die Jahre kommen, die Jahre gehn,
Der schönste Tag hat kein Bestehn,
’s ist einmal von Gott so bestellt;
Man scheidet täglich von der Welt!
Der dunkle Abend kommt, und dann –
Das Christkind zündet die Lichter an!

Autor: Hermann Kletke

Christnacht
Wieder mit Flügeln, aus Sternen gewoben,
Senkst du herab dich, o heilige Nacht;
Was durch Jahrhunderte alles zerstoben -
Du noch bewahrst deine leuchtende Pracht!

Ging auch der Welt schon der Heiland verloren,
Der sich dem Dunkel der Zeiten entrang,
Wird er doch immer aufs Neue geboren,
Nahst du, Geweihte, dem irdischen Drang.

Selig durchschauernd kindliche Herzen,
Bist du des Glaubens süßester Rest;
Fröhlich begangen bei flammenden Kerzen,
Bist du das schönste, menschlichste Fest.

Leerend das Füllhorn beglückender Liebe,
Schwebst von Geschlecht zu Geschlecht du vertraut;
Wo ist die Brust, die verschlossen dir bliebe,
Nicht dich begrüßte mit innigstem Laut?

Und so klingt heut noch das Wort von der Lippe,
Das einst in Bethlehem preisend erklang,
Strahlet noch immer die liebliche Krippe -
Tönt aus der Ferne der Hirten Gesang ...

Was auch im Sturme der Zeiten zerstoben -
Senke herab dich in ewiger Pracht,
Leuchtende du, aus Sternen gewoben,
Frohe, harzduftende, heilige Nacht!

Autor: Ferdinand von Saar

Epiphaniasfest
Die heil’gen drei König’ mit ihrem Stern,
Sie essen, sie trinken, und bezahlen nicht gern;
Sie essen gern, sie trinken gern,
Sie essen, trinken und bezahlen nicht gern.

Die heil’gen drei König' sind gekommen allhier,
Es sind ihrer drei und sind nicht ihrer vier;
Und wenn zu dreien der vierte wär’,
So wär’ ein heil’ger drei König mehr.

Ich erster bin der weiß’ und auch der schön’,
Bei Tage solltet ihr mich erst sehn!
Doch ach, mit allen Spezerein
Werd’ ich sein Tag kein Mädchen mir erfreun.

Ich aber bin der braun’ und bin der lang’,
Bekannt bei Weibern wohl und bei Gesang.
Ich bringe Gold statt Spezerein,
Da werd’ ich überall willkommen sein.

Ich endlich bin der schwarz’ und bin der klein’,
Und mag auch wohl einmal recht lustig sein.
Ich esse gern, ich trinke gern,
Ich esse, trinke und bedanke mich gern.

Die heil’gen drei König’ sind wohlgesinnt,
Sie suchen die Mutter und das Kind;
Der Joseph fromm sitzt auch dabei,
Der Ochs und Esel liegen auf der Streu.

Wir bringen Myrrhen, wir bringen Gold,
Dem Weihrauch sind die Damen hold;
Und haben wir Wein von gutem Gewächs,
So trinken wir drei so gut als ihrer sechs.

Da wir nun hier schöne Herrn und Fraun,
Aber keine Ochsen und Esel schaun;
So sind wir nicht am rechten Ort
Und ziehen unseres Weges weiter fort.

Autor: Johann Wolfgang von Goethe

Weihnacht
Die Welt wird kalt, die Welt wird stumm,
Der Winter-Tod zieht schweigend um;
Er zieht das Leilach weiß und dicht
Der Erde übers Angesicht –
Schlafe – schlafe.

Du breitgewölbte Erdenbrust,
Du Stätte aller Lebenslust,
Hast Duft genug im Lenz gesprüht,
Im Sommer heiß genug geglüht,
Nun komme ich, nun bist du mein,
Gefesselt nun im engen Schrein –
Schlafe – schlafe.

Die Winternacht hängt schwarz und schwer,
Ihr Mantel fegt die Erde leer,
Die Erde wird ein schweigend Grab,
Ein Ton geht zitternd auf und ab:
Sterben – sterben.

Da horch – im totenstillen Wald
Was für ein süßer Ton erschallt?
Da sieh – in tiefer, dunkler Nacht
Was für ein süßes Licht erwacht?
Als wie von Kinderlippen klingt’s,
Von Ast zu Ast wie Flammen springt’s,
Vom Himmel kommt’s wie Engelsang,
Ein Flöten- und Schalmeienklang:
Weihnacht! Weihnacht!

Und siehe – welch ein Wundertraum:
Es wird lebendig Baum an Baum,
Der Wald steht auf, der ganze Hain
Zieht wandelnd in die Stadt hinein.
Mit grünen Zweigen pocht es an:
„Tut auf, die sel’ge Zeit begann,
Weihnacht! Weihnacht!“

Da gehen Tür und Tore auf,
Da kommt der Kinder Jubelhauf,
Aus Türen und aus Fenstern bricht
Der Kerzen warmes Lebenslicht.
Bezwungen ist die tote Nacht,
Zum Leben ist die Lieb’ erwacht,
Der alte Gott blickt lächelnd drein,
Des lasst uns froh und fröhlich sein!
Weihnacht! Weihnacht!

Autor: Ernst von Wildenbruch

Weihnachtsbäume
Nun kommen die vielen Weihnachtsbäume
aus dem Wald in die Stadt herein.
Träumen sie ihre Waldesträume
wieder beim Laternenschein?

Könnten sie sprechen! Die holden Geschichten
von der Waldfrau, die Märchen webt,
was wir uns erst alles erdichten,
sie haben das alles wirklich erlebt.

Da steh’n sie nun an den Straßen und schauen
wunderlich und fremd darein,
als ob sie der Zukunft nicht trauen,
es muß doch was im Werke sein!

Freilich, wenn sie dann in den Stuben
im Schmuck der hellen Kerzen stehn,
und den kleinen Mädchen und Buben
in die glänzenden Augen sehn.

Dann ist ihnen auf einmal, als hätte
ihnen das alles schon mal geträumt,
als sie noch im Wurzelbette
den stillen Waldweg eingesäumt.

Dann stehen sie da, so still und selig,
als wäre ihr heimlichstes Wünschen erfüllt,
als hätte sich ihnen doch allmählich
ihres Lebens Sinn enthüllt;

Als wären sie für Konfekt und Lichter
vorherbestimmt, und es müßte so sein,
und ihre spitzen Nadelgesichter
sehen ganz verklärt darein.

Autor: Gustav Falke

Großstadt-Weihnachten
Nun senkt sich wieder auf die heim’schen Fluren
die Weihenacht! die Weihenacht!
Was die Mamas bepackt nach Hause fuhren,
wir kriegens jetzo freundlich dargebracht.

Der Asphalt glitscht. Kann Emil das gebrauchen?
Die Braut kramt schämig in dem Portemonnaie.
Sie schenkt ihm, teils zum Schmuck und teils zum Rauchen,
den Aschenbecher aus Emalch glasé.

Das Christkind kommt! Wir jungen Leute lauschen
auf einen stillen heiligen Grammophon.
Das Christkind kommt und ist bereit zu tauschen
den Schlips, die Puppe und das Lexikohn,

Und sitzt der wackre Bürger bei den Seinen,
voll Karpfen, still im Stuhl, um halber zehn,
dann ist er mit sich selbst zufrieden und im reinen:
Ach ja, son Christfest is doch ooch janz scheen!

Und frohgelaunt spricht er vom ›Weihnachtswetter‹,
mag es nun regnen oder mag es schnein,
Jovial und schmauchend liest er seine Morgenblätter,
die trächtig sind von süßen Plauderein.

So trifft denn nur auf eitel Glück hienieden
in dieser Residenz Christkindleins Flug?
Mein Gott, sie mimen eben Weihnachtsfrieden …
Wir spielen alle. Wer es weiß, ist klug.

Autor: Kurt Tucholsky

Und wieder nun lässt aus dem Dunkeln
Und wieder nun lässt aus dem Dunkeln
Die Weihnacht ihre Sterne funkeln!
Die Engel im Himmel hört man sich küssen
Und die ganze Welt riecht nach Pfeffernüssen…

So heimlich war es die letzten Wochen,
Die Häuser nach Mehl und Honig rochen,
Die Dächer lagen dick verschneit
Und fern, noch fern schien die schöne Zeit.
Man dachte an sie kaum dann und wann.
Mutter teigte die Kuchen an
Und Vater, dem mehr der Lehnstuhl taugte,
Saß daneben und las und rauchte.
Da plötzlich, eh man sich’s versah,
Mit einem Mal war sie wieder da.

Mitten im Zimmer steht nun der Baum!

Man reibt sich die Augen und glaubt es kaum …
Die Ketten schaukeln, die Lichter wehn,
Herrgott, was gibt’s da nicht alles zu sehn!
Die kleinen Kügelchen und hier
Die niedlichen Krönchen aus Goldpapier!
Und an all den grünen, glitzernden Schnürchen
All die unzähligen, kleinen Figürchen:
Mohren, Schlittschuhläufer und Schwälbchen,
Elefanten und kleine Kälbchen,
Schornsteinfeger und trommelnde Hasen,
Dicke Kerle mit roten Nasen,
Reiche Hunde und arme Schlucker
Und Alles, Alles aus purem Zucker!

Ein alter Herr mit weißen Bäffchen
Hängt grade unter einem Äffchen.
Und hier gar schält sich aus seinem Ei
Ein kleiner, geflügelter Nackedei.
Und oben, oben erst in der Krone!!
Da hängt eine wirkliche, gelbe Kanone
Und ein Husarenleutnant mit silbernen Tressen –
Ich glaube wahrhaftig, man kann ihn essen!

In den offenen Mäulerchen ihre Finger,
Stehn um den Tisch die kleinen Dinger,
Und um die Wette mit den Kerzen
Puppern vor Freuden ihre Herzen.
Ihre großen, blauen Augen leuchten,
Indes die unsern sich leise feuchten.
Wir sind ja leider schon längst „erwachsen“,
Uns dreht sich die Welt um andre Achsen

Und zwar zumeist um unser Büro.
Ach, nicht wie früher mehr macht uns froh
Aus Zinkblech eine Eisenbahn,
Ein kleines Schweinchen aus Marzipan.
Eine Blechtrompete gefiel uns einst sehr,
Der Reichstag interessiert uns heut mehr;
Auch sind wir verliebt in die Regeldetri
Und spielen natürlich auch Lotterie.
Uns quälen tausend Siebensachen.
Mit einem Wort, um es kurz zu machen,
Wir sind große, verständige, vernünftige Leute!

Nur eben heute nicht, heute, heute!

Über uns kommt es wie ein Traum,
Ist nicht die Welt heut ein einziger Baum,
An dem Millionen Kerzen schaukeln?
Alte Erinnerungen gaukeln
Aus fernen Zeiten an uns vorüber
Und jede klagt: Hinüber, hinüber!
Und ein altes Lied fällt uns wieder ein:
O selig, o selig, ein Kind noch zu sein!

Autor: Arno Holz

Zur heiligen Weihnacht
Es strebte aus der Nacht des Lebens
Die Menschheit stets nach Glück und Licht,
Doch suchte sie den Weg vergebens
Jahrtausende und fand ihn nicht.

Da liess den Friedensgruss erschallen
Durch Engelsmund das Christuskind,
Es bot den wahren Frieden allen,
Die eines guten Willens sind.

Es nahm auf sich der Menschheit Bürde
Und gab des reinen Herzens Glück,
Es gab dem Weibe seine Würde,
Dem Sklaven gab es sie zurück.

O, lasst uns dieses Kindlein preisen,
Das uns versöhnte mit dem Grab,
Das uns das grosse Ziel der Weisen,
Den Frieden und die Wahrheit, gab.

Ihr Mütter, eilt im Geist zur Krippe,
In der das Kindlein Jesu lag,
Und betet nicht bloss mit der Lippe,
Nein, mit dem Herzen betet nach:

"O Jesu, segne mein Bestreben
Für meine Kinder, dass ich sie,
Die Du für Dich mir hast gegeben,
Für Deinen Himmel auch erzieh’!

Lass mich sie lehren, Dir zu dienen,
Steh Du mir auch, Maria, bei,
Damit ein jedes unter ihnen
Dem Kinde Jesu ähnlich sei!"

Heil euch, ihr Mütter, Heil am Tage
Der Rechenschaft, wenn jede dann
Auf ihres Richters ernste Frage
Mit frohem Herzen sagen kann:

"Die Kinder, Herr, die ich geboren,
Ich führte sie zum Heil, zum Glück,
Ich habe keines Dir verloren,
Ich geb’ sie Dir, mein Gott, zurück!"

Autor: Adolf Kolping

Geschichte eines Pfefferkuchenmannes
Es war einmal ein Pfefferkuchenmann,
von Wuchse, groß und mächtig,
und was seinen innern Wert betraf,
so sagte der Bäcker: "Prächtig".

Auf dieses glänzende Zeugnis hin
erstand ihn der Onkel Heller
und stellte ihn seinem Patenkind,
dem Ftitz, auf den Weihnachtsteller.

Doch kaum war mit dem Pfefferkuchenmann
der Fritz ins Gespräch gekommen,
da hatte er schon - aus Höflichkeit -
die Mütze ihm abgenommen.

Als schlafen ging der Pfefferkuchenmann,
da bog er sich krumm vor Schmerze:
an der linken Seite fehlte fast ganz
sein stolzes Rosinenherze!

Als Fritz tags drauf den Pfefferkuchenmann,
besuchte, ganz früh und alleine,
da fehlten, o Schreck, dem armen Kerl
ein Arm schon und beide Beine!

Und wo einst saß am Pfefferkuchenmann
die mächtige Habichtsnase,
da war ein Loch! Und er weinte still
eine bräunliche Sirupblase.

Von nun an nahm der Pfefferkuchenmann
ein reißendes, schreckliches Ende:
Das letzte Stückchen kam schließlich durch Tausch
in Schwester Margeretchens Hände.

Die kochte als sorgfältige Hausfrau draus
für ihre hungrige Puppe
auf ihrem neuen Spiritusherd
eine kräftige, leckere Suppe.

Und das geschah dem Pfefferkuchenmann,
den einst so viele bewundert
in seiner Schönheit bei Bäcker Schmidt,
im Jahre neunzehnhundert.

Autor: Paul Richter

Weihnachtsabend
An die hellen Fenster kommt er gegangen
Und schaut in des Zimmers Raum;
Die Kinder alle tanzten und sangen
Um den brennenden Weihnachtsbaum.

Da pocht ihm das Herz, daß es will zerspringen;
"Oh", ruft er, "laßt mich hinein!
Was Frommes, was Fröhliches will ich euch singen
Zu dem hellen Kerzenschein."

Und die Kinder kommen, die Kinder ziehen
Zur Schwelle den nächtlichen Gast;
Still grüßen die Alten, die Jungen umknien
Ihn scheu in geschäftiger Hast.

Und er singt: "Weit glänzen da draußen die Lande
Und locken den Knaben hinaus;
Mit klopfender Brust, im Reisegewande
Verläßt er das Vaterhaus.

Da trägt ihn des Lebens breitere Welle –
Wie war so weit die Welt!
Und es findet sich mancher gute Geselle,
Der's treulich mit ihm hält.

Tief bräunt ihm die Sonne die Blüte der Wangen,
Und der Bart umsprosset das Kinn;
Den Knaben, der blond in die Welt gegangen,
Wohl nimmer erkennet ihr ihn.

Aus goldenen und aus blauen Reben
Es mundet ihm jeder Wein;
Und dreister greift er in das Leben
Und in die Saiten ein.

Und für manche Dirne mit schwarzen Locken
Im Herzen findet er Raum; –
Da klingen durch das Land die Glocken,
Ihm war's wie ein alter Traum.

Wohin er kam, die Kinder sangen,
Die Kinder weit und breit;
Die Kerzen brannten, die Stimmlein klangen,
Das war die Weihnachtszeit.

Da fühlte er, daß er ein Mann geworden;
Hier gehörte er nicht dazu.
Hinter den blauen Bergen im Norden
Ließ ihm die Heimat nicht Ruh.

An die hellen Fenster kam er gegangen
Und schaut' in des Zimmers Raum;
Die Schwestern und Brüder tanzten und sangen
Um den brennenden Weihnachtsbaum." –

Da war es, als würden lebendig die Lieder
Und nahe, der eben noch fern;
Sie blicken ihn an und blicken wieder;
Schon haben ihn alle so gern.

Nicht länger kann er das Herz bezwingen,
Er breitet die Arme aus:
"Oh, schließet mich ein in das Preisen und Singen,
Ich bin ja der Sohn vom Haus!"

Autor: Theodor Storm

Auf eine Christblume
Tochter des Waldes, du Lilienverwandte,
So lang von mir gesuchte, unbekannte,
Im fremden Kirchhof, öd und winterlich,
Zum erstenmal, o schöne, find ich dich!

Von welcher Hand gepflegt du hier erblühtest,
Ich weiß es nicht, noch wessen Grab du hütest;
Ist es ein Jüngling, so geschah ihm Heil,
Ist's eine Jungfrau, lieblich fiel ihr Teil.

Im nächtgen Hain, von Schneelicht überbreitet,
Wo fromm das Reh an dir vorüberweidet,
Bei der Kapelle, am kristallnen Teich,
Dort sucht ich deiner Heimat Zauberreich.

Schön bist du, Kind des Mondes, nicht der Sonne;
Dir wäre tödlich andrer Blumen Wonne,
Dich nährt, den keuschen Leib voll Reif und Duft,
Himmlischer Kälte balsamsüße Luft.

In deines Busens goldner Fülle gründet
Ein Wohlgeruch, der sich nur kaum verkündet;
So duftete, berührt von Engelshand,
Der benedeiten Mutter Brautgewand.

Dich würden, mahnend an das heilge Leiden,
Fünf Purpurtropfen schön und einzig kleiden:
Doch kindlich zierst du, um die Weihnachtszeit,
Lichtgrün mit einem Hauch dein weißes Kleid.

Der Elfe, der in mitternächtger Stunde
Zum Tanze geht im lichterhellen Grunde,
Vor deiner mystischen Glorie steht er scheu
Neugierig still von fern und huscht vorbei.

Im Winterboden schläft, ein Blumenkeim,
Der Schmetterling, der einst um Busch und Hügel
In Frühlingsnächten wiegt den samtnen Flügel;
Nie soll er kosten deinen Honigseim.

Wer aber weiß, ob nicht sein zarter Geist,
Wenn jede Zier des Sommers hingesunken,
Dereinst, von deinem leisen Dufte trunken,
Mir unsichtbar, dich blühende umkreist?

Autor: Eduard Mörike

O Weihnachtsbaum
O Weihnachtsbaum,
O Weihnachtstraum!
Wie erloschen ist dein Glanz,
Wie zerstoben ist der Kranz,
Der um dich den Freudentanz
Schlang zur Weihnachtsfeier.

O Weihnachtsbaum,
O Weihnachtstraum!
Der du noch an jedem Ast
Halbverbrannte Kerzen hast;
Denn wir löschten sie mit Hast
Mitten in der Feier.

O Weihnachtsbaum,
O Weihnachtstraum!
Jeder Zweig ist noch beschwert,
Und kein Naschwerk abgeleert.
Ach, daß du so unverheert
Ueberstandst die Feier.

O Weihnachtsbaum,
O Weihnachtstraum!
Mit den Früchten unverzehrt,
Mit den Kerzen unversehrt,
Steh, bis Weihnacht wiederkehrt,
Steh zur Todtenfeier.

O Weihnachtsbaum,
O Weihnachtstraum!
Wenn wir neu dich zünden an,
Kaufen wir kein Englein dran;
Unsre beiden Englein nahn
Drobenher zur Feier.

Autor: Friedrich Rückert

Der Weihnachtsbaum
Es ist eine Kälte, daß Gott erbarm!
Klagte die alte Linde,
Bog sich knarrend im Winde
Und klopfte leise mit knorrigem Arm
Im Flockentreiben
An die Fensterscheiben.
Es ist eine Kälte! Daß Gott erbarm!
Drinnen im Zimmer war's warm.
Da tanzte der Feuerschein so nett
Auf dem weißen Kachelofen Ballett.
Zwei Bratäpfel in der Röhre belauschten,
Wie die glühenden Kohlen
Behaglich verstohlen
Kobold- und Geistergeschichten tauschten.
Dicht am Fenster im kleinen Raum
Da stand, behangen mit süßem Konfekt,
Vergoldeten Nüssen und mit Lichtern besteckt,
Der Weihnachtsbaum.
Und sie brannten alle, die vielen Lichter,
Aber noch heller strahlten am Tisch
(Es läßt sich wohl denken
Bei den vielen Geschenken)
Drei blühende, glühende Kindergesichter. -
Das war ein Geflimmer
Im Kerzenschimmer!
Es lag ein so lieblicher Duft in der Luft
Nach Nadelwald, Äpfeln und heißem Wachs.
Tatti, der dicke Dachs,
Schlief auf dem Sofa und stohnte behaglich.
Er träumte lebhaft, wovon, war fraglich,
Aber ganz sicher war es indessen,
Er hatte sich schon (die Uhr war erst zehn)
Doch man mußte 's gestehn,
Es war ja zu sehn,
Er hatte sich furchtbar überfressen. -
Im Schaukelstuhl lehnte der Herzenspapa
Auf dem nagelneuen Kissen und sah
Über ein Buch hinweg auf die liebe Mama,
Auf die Kinderfreude und auf den Baum.
Schade, nur schade,
Er bemerkte es kaum,
Wie schnurgerade
Die Bleisoldaten auf dem Baukasten standen
Und wie schnell die Pfefferkuchen verschwanden.
- Und die liebste Mama? - Sie saß am Klavier.
Es war so schön, was sie spielte und sang,
Ein Weihnachtslied, das zu Herzen drang.
Lautlos horchten die andern Vier.
Der Kuckuck trat vor aus der Schwarzwälderuhr,
Als ob auch ihm die Weise gefiel. -
Leise, ergreifend verhallte das Spiel.
Das Eis an den Fensterscheiben taute,
Und der Tannenbaum schaute
Durchs Fenster die Linde
Da draußen, kahl und beschneit
Mit ihrer geborstenen Rinde.
Da dachte er an verflossene Zeit
Und an eine andere Linde,
Die am Waldesrand einst neben ihm stand,
Sie hatten in guten und schlechten Tagen
Einander immer so lieb gehabt.
Dann wurde die Tanne abgeschlagen,
Zusammengebunden und fortgetragen.
Die Linde, die Freundin, die ließ man stehn.
Auf Wiedersehn! Auf Wiedersehn!
So hatte sie damals gewinkt noch zuletzt. -
Ja daran dachte der Weihnachtsbaum jetzt,
Und keiner sah es, wie traurig dann
Ein Tropfchen Harz, eine stilleTräne,
Aus seinem Stamme zu Boden rann.

Autor: Joachim Ringelnatz

Weihnachtsidylle
Aus Rauhreif ragt ein Gartenhaus,
das schaut so schmuck, so freundlich aus.
Am blanken Giebel schmiegt sich hold
der Wintersonne Abendgold.
Eiszapfen, Scheiben in rotem Glanz,
die Fenster umrahmt von Waldmooskranz.
Blattgrün, Gelbkrokus, ein rosiger Bube
lächeln aus frühlingswarmer Stube.
Kanarienvogel schmettert so hell;
Kinderlachen und Hundegebell.
Klein Hansemann und Ami spielen
Wolfsjagd, sie balgen sich auf den Dielen.
Die Mutter ging holen den Weihnachtsmann,
der klopft an die Türe brummend an.
Und sieh! Vermummt, ein bärtiger Greis.
Ein Sack voll Nüsse, ein Tannenreis.
"Seid ihr auch artig?" - Stumm nicken die Kleinen
und reichen die Patschhand; eins möchte weinen.
Da prasseln die Nüsse, das gibt ein Haschen!
Der süsse Hagel füllt die Taschen - -
Fort ist der Mann. Mit Lampenschein
tritt nun die liebe Mutter herein.
Gejubel: "Der Weihnachtsmann war da!
O, Nüsse hat er gebracht, Mama!"
Den grossen Tisch umringt ein Schwatzen,
Schalenknacken, behaglich Schmatzen.
Die Mutter klatscht in die Hände und zieht
die Spieluhr auf: "Nun singt ein Lied!"
"Ihr Kinderlein kommet, o kommet doch all,
zur Krippe her kommet in Bethlehems Stall!"
Fromm tönt’s in die frostige Nacht hinaus.
Ein Stern steht selig über dem Haus.

Autor: Bruno Wille

Die Nacht vor dem Heiligen Abend
Die Nacht vor dem Heiligen Abend,
Da liegen die Kinder im Traum;
Sie träumen von schönen Sachen
Und von dem Weihnachtsbaum.

Und während sie schlafen und träumen,
Wird es am Himmel klar,
Und durch den Himmel fliegen,
Drei Engel wunderbar.

Sie tragen ein holdes Kindlein,
Das ist der Heilge Christ;
Er ist so fromm und freundlich,
Wie keins auf Erden ist.

Und wie es druch den Himmel
Still über die Häuser fliegt,
Schaut es in jedes Bettchen,
Wo nur ein Kindlein liegt.

Und freut sich über alle,
Die fromm und freundlich sind;
Denn solche liebt von Herzen,
Das liebe Himmelskind.

Wird sie auch reich bedenken
Mit Lust aufs allerbest,
Und wird es schön beschenken
Zum lieben Weihnachtsfest.

Heut schlafen schon die Kinder
Und sehn es nur im Traum,
Doch morgen tanzen und springen
Sie um den Weihnachtsbaum.

Autor: Robert Reinick

Weihnachtsmarkt
Welch lustiger Wald um das hohe Schloß
hat sich zusammengefunden,
Ein grünes bewegliches Nadelgehölz,
Von keiner Wurzel gebunden!

Anstatt der warmen Sonne scheint
Das Rauschgold durch die Wipfel;
Hier backt man Kuchen, dort brät man Wurst,
Das Räuchlein zieht um die Gipfel.

Es ist ein fröhliches Leben im Wald,
Das Volk erfüllet die Räume;
Die nie mit Tränen ein Reis gepflanzt,
Die fällen am frohsten die Bäume.

Der eine kauft ein bescheidnes Gewächs
Zu überreichen Geschenken,
Der andre einen gewaltigen Strauch,
Drei Nüsse daran zu henken.

Dort feilscht um ein winziges Kieferlein
Ein Weib mit scharfen Waffen;
Der dünne Silberling soll zugleich
Den Baum und die Früchte verschaffen.

Mit rosiger Nase schleppt der Lakai
Die schwere Tanne von hinnen;
Das Zöfchen trägt ein Leiterchen nach,
Zu ersteigen die grünen Zinnen.

Und kommt die Nacht, so singt der Wald
Und wiegt sich im Gaslichtscheine;
Bang führt die ärmste Mutter ihr Kind
Vorüber am Zauberhaine.

Einst sah ich einen Weihnachtsbaum:
Im düsteren Bergesbanne
Stand reifbezuckert auf dem Grat
die alte Wettertanne.

Und zwischen den Ästen waren schön
Die Sterne aufgegangen;
Am untersten Ast sah man entsetzt
Die alte Wendel hangen.

Hell schien der Mond ihr ins Gesicht,
Das festlich still verkläret;
Weil auf der Welt sie nichts besaß,
Hatt' sie sich selbst bescheret.

Autor: Gottfried Keller

Vom Himmel hoch, da komm ich her
Vom Himmel hoch, da komm ich her.
Ich bring euch gute neue Mär,
Der guten Mär bring ich so viel,
Davon ich singen und sagen will:

Euch ist ein Kindlein heut geborn
Von einer Jungfrau auserkorn,
Ein Kindelein, so zart und fein,
Das soll eur Freud und Wonne sein.

Es ist der Herr Christ, unser Gott,
Der will euch führn aus aller Not,
Er will eur Heiland selber sein,
Von allen Sünden machen rein.

Er bringt euch alle Seligkeit,
Die Gott der Vater hat bereit,
Daß ihr mit uns im Himmelreich
Sollt leben nun und ewiglich.

So merket nun das Zeichen recht:
Die Krippe, Windelein so schlecht,
Da findet ihr das Kind gelegt,
Das alle Welt erhält und trägt.

Des laßt uns alle frölich sein
Und mit den Hirten gehn hinein,
Zu sehn, was Gott uns hat beschert,
Mit seinem lieben Sohn verehrt.

Merk auf, mein Herz, und sieh dorthin!
Was liegt dort in dem Krippelein?
Wes ist das schöne Kindelin?
Es ist das liebe Jesulin.

Sei mir willkomm du edler Gast!
Den Sünder nicht verschmähet hast
Und kömmst ins Elend her zu mir,
Wie soll ich immer danken dir?

Ach, Herr, du Schöpfer aller Ding,
Wie bist du worden so gering,
Daß du da liegst auf dürrem Gras,
Davon ein Rind und Esel aß!

Und wär die Welt vielmal so weit,
Von Edelstein und Gold bereit,
So wär sie doch dir viel zu klein,
Zu sein ein enges Wiegelein.

Der Sammet und die Seide dein,
Das ist grob Heu und Windelein,
Darauf du König groß und reich
Herprangst, als wärs dein Himmelreich.

Das hat also gefallen dir,
Die Wahrheit anzuzeigen mir:
Wie aller Welt Macht, Ehr und Gut
Vor dir nichts gilt, nichts hilft noch tut.

Ach, mein herzliebes Jesulein,
Mach dir ein rein, sanft Bettelein,
Zu ruhen in meins Herzens Schrein,
Das ich nimmer vergesse dein.

Davon ich allzeit fröhlich sei,
Zu springen, singen immer frei
Das rechte Susaninne schon,
Mit Herzenslust den süßen Ton.

Lob, Ehr sei Gott im höchsten Thron,
Der uns schenkt seinen einzigen Sohn.
Des freuen sich der Engel Schar
Und singen uns solchs neues Jahr.

Autor: Martin Luther

Weihnachts-Kantilene
Maria war zu Bethlehem,
Wo sie sich schätzen lassen wollte;
Da kam die Zeit, daß sie gebären sollte;
Und sie gebar ihn –
Und als sie ihn geboren hatte
und sah den Knaben nackt und bloß;
Fühlt sie sich selig, fühlt sich groß,
und nahm voll Demut ihn auf ihren Schoß
Und freuet sich in ihrem Herzen fein,
berührt den Knaben zart und klein
Mit Zittern und mit Benedei'n,
und wickelt ihn in Windeln ein…
Und bettete ihn sanft in eine Krippe hin.
Sonst war kein Raum für ihn.

Vor Gott gehts göttlich her,
und nicht nach Stand und Würden.
Herodem läßt er leer,
mit seinem ganzen Heer;
Und Hirten auf dem Felde bei den Hürden
Erwählet er.

Sie saßen da und hüteten im Dunkeln ihre Herde,
mit unbefangnen, frommen Sinn;
Da stand vor ihnen an der Erde,
Ein Engel Gottes… und trat zu ihnen hin,
und sie umleuchtete des Herren Klarheit,
und er sagte ihnen die Wahrheit.

Und eilend auf sie standen,
Gen Bethlehem zu gehn,
und kamen hin und fanden,
Ohn' weiteres zu verstehn.
Maria und Joseph beide.
Und in der Krippe lag zu ihrer großen Freude,
in seinem Windelkleide,
auf Grummet von der Weide,
der Knabe wunderschön.

Die Väter hoffeten auf ihn mit Tränen
und mit Flehn,
und sehnten sich, den Tag des Herrn zu sehn,
und sahn ihn nicht.

Was Gott bereitete,
und von der Welt her heimlich und verborgen war,
ward in der Zeiten Fülle offenbar.

Die Weisen fielen vor ihm nieder,
und gaben ihre Schätze gern,
Und gaben Weihrauch, Gold und Myrrhen.
Sie sahen seinen Stern,
und kannten ihren Heiland, ihren Herrn,
und ließen sich das Heu und Stroh nicht irren.

Dem Menschen dünkt es wunderbar,
und mag es nicht verstehn;
doch ist's wahrhaftig wahr!
und selig sind die Augen die ihn sehn.

Autor: Matthias Claudius

Weihnacht zur See
Weihnacht war es auf tosender See.
Haushohe Wellen an Luv und an Lee.
Am Ruder stand Jürgens Claus;
Sah bald auf den Kompaß und bald voraus.
Die eisernen Speichen lenkte er fest
Und führte verwegen
Durch Sturm und Regen
Das ächzende Schiff nach West-Nord-West.
Wuchtige Seen mit schäumender Gischt
Fegten das Deck,
Doch er wich nicht vom Fleck,
Er rührte sich nicht,
Ob auch vom Südwester übers Gesicht,
Ob von der Stirn in den struppigen Bart
Das salzige, eisige Wasser ihm rann. -
So etwas bleibt keinem Seemann erspart.
Jürgens Claus stand seinen Mann. --
West-Nord-West lag an.
Und er sah auf den Kompaß, vom Wetter umtost,
Wehrte behende dem tückischen Schwanken
Der kleinen Nadel. Doch in Gedanken
Flog er gen Ost-Süd-Ost;
Flog in ein fernes Fischerhaus.
Dort war er daheim, Jürgens Claus.
Es war ein armer,
Doch traulich warmer
Und freundlicher Raum.

Die Kuckucksuhr war eben verklungen.
Still malte der Feuerschein an den Wänden.
Im Lehnstuhl unter dem Weihnachtsbaum
Saß Mutter und hielt wie im Traum
In ihren alten, zitternden Händen
Den letzten Brief von ihrem Jungen. -
Er wußte, er war ja ihr einziges Glück. --

'Was ist der Kurs?' erklang es von oben.
'Recht West-Nord-West!' gab Claus zurück.
Die eisernen Speichen lenkte er fest
Und führte voll Kraft und kühnem Mut
Das ächzende Schiff gen West-Nord-West.
Claus Jürgens stand seinen Mann.
War es wohl salzige Meeresflut,
Was heiß ihm über die Wangen rann?

Autor: Joachim Ringelnatz

Der Weihnachtsaufzug
Bald kommt die liebe Weihnachtszeit,
vorauf die ganze Welt sich freut;
das Land, so weit man sehen kann,
sein Winterkleid hat angetan.
Schlaf überall; es hat die Nacht
die laute Welt zur Ruh gebracht -
kein Sternenlicht, kein grünes Reis,
der Himmel schwarz, die Erde weiß.

Da blinkt von fern ein heller Schein -
was mag das für ein Schimmer sein?
Weit übers Feld zieht es daher,
als ob's ein Kranz von Lichtern wär',
und näher rückt es hin zur Stadt,
obgleich verschneit ist jeder Pfad.

Ei seht, ei seht! Es kommt heran!
Oh, schauet doch den Aufzug an!
zu Ross ein wunderlicher Mann
mit langem Bart und spitzem Hute,
in seinen Händen Sack und Rute.
Sein Gaul hat gar ein bunt Geschirr,
von Schellen dran ein blank Gewirr;
am Kopf des Gauls, statt Federzier,
ein Tannenbaum voll Lichter hier;
der Schnee erglänzt in ihrem Schein,
als wär's ein Meer von Edelstein. -

Wer aber hält den Tannenzweig?
Ein Knabe, schön und wonnereich;
's ist nicht ein Kind von unsrer Art,
hat Flügel an dem Rücken zart. -
Das kann fürwahr nichts andres sein,
als wie vom Himmel ein Engelein!
Nun sagt mir, Kinder, was bedeut't
ein solcher Zug in solcher Zeit? -

Was das bedeut'? Ei, seht doch an,
da frag ich grad beim Rechten an!
Ihr schelmischen Gesichterchen,
ich merk's ihr kennt die Lichterchen,
kennt schon den Mann mit spitzem Hute,
kennt auch den Baum, den Sack, die Rute.

Der alte bärt'ge Ruprecht hier,
er pocht' schon oft an eure Tür;
droht' mit der Rute bösen Buben;
warf Nüss' und Äpfel in die Stuben
für Kinder, die da gut gesinnt. -
Doch kennt ihr auch das Himmelskind?
Oft bracht' es ohne euer Wissen,
wenn ihr noch schlieft in weichen Kissen,
den Weihnachtsbaum zu euch ins Haus,
putzt' wunderherrlich ihn heraus;
Geschenke hing es bunt daran
und steckt' die vielen Lichter an;
flog himmelwärts und schaute wieder
von dort auf euren Jubel nieder.

O Weihnachtszeit, du schöne Zeit,
so überreich an Lust und Freud'!
Hör doch der Kinder Wünsche an
und komme bald, recht bald heran,
und schick uns doch, wir bitten sehr,
mit vollem Sack den Ruprecht her.
Wir fürchten seine Rute nicht,
wir taten allzeit unsre Pflicht.
Drum schick uns auch den Engel gleich
mit seinem Baum, an Gaben reich.
O Weihnachtszeit, du schöne Zeit,
worauf die ganze Welt sich freut!

Autor: Robert Reinick

Ein Brief vom Christkindlein
Der Vater spricht:
Wie ihr geschlafen habt heut Nacht,
War's mir, als hätt's getropft
Ans Fenster; aber da hat sacht
Ein Engelein geklopft.

Oh, das war eine feine Stimm',
Wie's mich beim Namen rief:
"Da Vater, komm herbei und nimm,
Da hab' ich einen Brief.

Den lese deinen Kindern vor,
Er ist vom heil'gen Christ."
Drum horcht und lauscht mit leisem Ohr
Wie er geschrieben ist.

Ihr lieben, lieben Kinderlein!
Oh, seid mir ja recht fromm,
Dann leg' ich euch was Schönes ein,
Wenn ich hernieder komm'.

Ihr lieben, lieben Kinderlein!
Oh, seid mir ja recht brav,
Dann leg' ich euch was Schönes ein,
Wenn ihr noch liegt im Schlaf.

Und wenn die Kinder sind im Traum,
Dann, Vater, mach mir auf,
Dann bring' ich einen großen Baum
Mit vielen Lichtern drauf.

Dem Engelein von purem Gold
Hab' ich sein Klein gemacht,
Wie wird das Flimmern wunderhold
In der stockfinstern Nacht.

Und an den Zweigen hängen rings
vom Zucker Stern an Stern,
Und goldne Nüsse rechts und links
Süß wie ein Mandelkern.

Und in dem Gärtchen untendran,
Da sitzen Schaf und Lamm,
Und Küchlein, Hennen und der Hahn
Mit seinem roten Kamm.

Doch folgen dir die Kinder nicht,
Und musst du zanken oft,
So komm' ich diesen Winter nicht,
Denn ich seh's unverhofft.

Dann lass' ich meinen Baum im Wald,
Und heb' die Sachen auf,
Und bringe einen Stecken halt
Und eine Rute drauf.

Autor: Friedrich Güll

Weihnachtsgang
Es war zur lieben Weihnachtszeit,
die Wälder lagen tief verschneit,
im Acker schlief in guter Ruh'
das Korn und träumte dem Frühling zu,
die Winternachmittagssonne stand
wie ein gelber Fleck an weißer Wand -
da schritt ich hinaus in die blinkende Weite
und summte ein Lied mir zum Geleite.

Wie ich so ging auf stillen Wegen,
kam mir ein seltsamer Zug entgegen.
Ein Eselchen, ganz vollgesackt,
mit Schachteln und allerhand Kram bepackt,
schritt langsam durch die Felderruh;
sein Führer rief ihm bisweilen zu,
es war ein alter in weißem Haar,
mit Runzelgesicht und sonderbar
altmodischem Pelzwerk, sonst gut bei Kräften,
die Füße staken in hohen Schäften,
und kamen munter mit Gott und Hüh
grad auf mich zu samt dem Eselsvieh.
Potz Blitz, fällt mir auf einmal ein,
das muss doch der Gottesknecht Ruprecht sein.
Ich blicke scharf in das bärtge Gesicht:
"Grüß Gott, mein Alter, kennst du mich nicht?
Ich hab doch oft dein Loblied gesungen,
und all die Mädels und all die Jungen,
die noch an Mutters Rockzipfel hängen
oder sich auf den Schulbänken drängen,
kennen dich wie ihre großen Zehen,
doch hat wohl noch niemand dich draußen gesehen.
Sonst kamst du immer auf himmlischen Wegen
und erst in der hellen Stube entgegen
mit Sack und Pack und netten Geschenken;
was soll ich, Weihnachtsmann, von dir denken?
Da stehst du nun mit Haut und Haar,
bist nicht ein bisschen unsichtbar,
wie es dir zukommt." - "So ist meine Art,"
brummte der Alte und strich sich den Bart,
"ich denke mir gern Überraschungen aus,
für diesmal mach ich's außer Haus;
komm mit, da sollst du was erleben,
das wird ein Extravergnügen geben."
"Topp," rief ich, "Alter, ich bin dabei,
ich höre gern lustiges Kindergeschrei."

So schritten wir rüstig zur Stadt. Am Tor
langte Ruprecht ein hölzernes Pfeifchen hervor
und blies. Wie konnte der Alte pfeifen!
Jetzt lernt ich den Rattenfänger begreifen:
Aus allen Straßen, aus Tür und Tor
- mir klingt der Lärm noch immer im Ohr -
mit Jubeln und Lachen, in bunten Haufen
kamen wohl hundert Kinder gelaufen.
Die tanzten um Ruprecht, bettelten, baten,
eins um 'ne Kutsche, eins um Soldaten,
eins um ein Püppchen, eins um ein Büchlein,
eins um ein Rösslein, eins um ein Tüchlein,
und Ruprecht langte in seinen Sack
und gab, was es wünschte, dem kleinsten Pack.
Ja, jedes Kind durfte etwas erlangen;
aber die übermütigen Rangen
schrien über das Eselchen her,
zupften den Ruprecht an Bart und Kragen,
wollten ihm gar die Säcke wegtragen.
Da wurde es aber dem Alten zu bunt,
er nahm sein Zauberpfeifchen, und -
schrill kam ein Ton. Wie erschraken sie doch.
Sie wurden ganz kleinlaut, man hörte nur noch:
"Komm Fritzchen - Hans, lass doch - nicht schreien, Marie -
Knecht Ruprecht wird böse - seht ihr nicht, wie?!"
Und sie stellten sich artig um ihn herum
und waren wie die Mäuschen stumm.
Er kommandierte: "Linksum, kehrt,
nun geht nach Hause, wie sich's gehört!"
Da fassten die Großen die Kleinen an:
"Grüß Gott und schön Dank auch, Herr Weihnachtsmann."

Autor: Paula Dehmel

Der armen Kinder Weihnachtslied
Hört, schöne Herrn und Frauen,
Die ihr im Lichte seid:
Wir kommen aus dem Grauen,
Dem Lande Not und Leid;
Weh tun uns unsre Füße
Und unsre Herzen weh,
Doch kam uns eine süße
Botschaft aus Eis und Schnee.
Es ist ein Licht erglommen,
Und uns auch gilt sein Schein.
Wir habens wohl vernommen:
Das Christkind ist gekommen
Und soll auch uns gekommen sein.

Drum gehn wir zu den Orten,
Die hell erleuchtet sind,
Und klopfen an die Pforten:
Ist hier das Christuskind?
Es hat wohl nicht gefunden
Den Weg in unsre Nacht,
Drum haben wir mit wunden
Füßen uns aufgemacht,
Daß wir ihm unsre frommen
Herzen und Bitten weihn.
Wir habens wohl vernommen:
Das Christkind ist gekommen
Und soll auch uns gekommen sein.

So laßt es uns erschauen,
Die ihr im Lichte seid!
Wir kommen aus dem Grauen,
Dem Lande Not und Leid;
Wir kommen mit wunden Füßen,
Doch sind wir trostgemut:
Wenn wir das Christkind grüßen,
Wird alles, alles gut.
Der Stern, der heut erglommen,
Gibt allen seinen Schein:
Das Christkind ist gekommen! -
Die ihr es aufgenommen,
O, laßt auch uns zu Gaste sein!

Autor: Otto Julius Bierbaum

Am Weihnachtstag
Durch alle Straßen wälzt sich das Getümmel,
Maultier, Kamele, Treiber: welch Gebimmel!
Als wolle wieder in die Steppe ziehn
Der Same Jakobs, und Judäas Himmel
Ein Saphirscheinen über dem Gewimmel
Läßt blendend seine Funkenströme sprühn.

Verschleiert' Frauen durch die Gassen schreiten,
Mühselig vom beladnen Tiere gleiten
Bejahrte Mütterchen; allüberall
Geschrei und Treiben, wie vor Jehus Wagen.
Läßt wieder Jezabel ihr Antlitz ragen
Aus jener Säulen luftigem Portal?

's ist Rom, die üpp'ge Priesterin der Götzen,
Die glänzendste und grausamste der Metzen,
Die ihre Sklaven zählt zu dieser Zeit.
Mit einem Griffel, noch von Blute träufend,
Gräbt sie in Tafeln, Zahl auf Zahlen häufend,
Der Buhlen Namen, so ihr Schwert gefreit.

O Israel, wo ist dein Stolz geblieben?
Hast du die Hände blutig nicht gerieben,
Und deine Träne, war sie siedend Blut?
Nein, als zum Marktplatz deine Scharen wallen,
Verkaufend, feilschend unter Tempels Hallen;
Mit ihrem Gott zerronnen ist ihr Mut!

Zum trüben Irrwisch ward die Feuersäule,
Der grüne Aaronsstab zum Henkerbeile,
Und grausig übersteint das tote Wort
Liegt, eine Mumie, im heil'gen Buche,
Drin sucht der Pharisäer nach dem Fluche,
Ihn donnernd über Freund und Fremdling fort.

So, Israel, bist du gereift zum Schnitte,
Wie reift die Distel in der Saaten Mitte;
Und wie du stehst in deinem grimmen Haß
Genüber der geschminkt und hohlen Buhle,
Seid gleich ihr vor gerechtem Richterstuhle,
Von Blute sie und du von Geifer naß.

O tauet, Himmel, tauet den Gerechten!
Ihr Wolken, regnet ihn, den wahr und echten
Messias, den Judäa nicht erharrt!
Den Heiligen und Milden und Gerechten,
Den Friedenskönig unter Hassesknechten,
Gekommen zu erwärmen, was erstarrt!

Still ist die Nacht; in seinem Zelt geborgen
Der Schriftgelehrte späht mit finstren Sorgen,
Wann Juda's mächtiger Tyrann erscheint.
Den Vorhang lüftet er, nachstarrend lange
Dem Stern, der gleitet über Äthers Wange,
Wie Freudenzähre, die der Himmel weint.

Und fern vom Zelte über einem Stalle,
Da ist's, als ob aufs niedre Dach er falle;
In tausend Radien sein Licht er gießt.
Ein Meteor, so dachte der Gelehrte,
Als langsam er zu seinen Büchern kehrte.
O weißt du, wen das niedre Dach umschließt?

In einer Krippe ruht ein neugeboren
Und schlummernd Kindlein; wie im Traum verloren
Die Mutter kniet, Weib und Jungfrau doch.
Ein ernster, schlichter Mann rückt tief erschüttert
Das Lager ihnen; seine Rechte zittert
Dem Schleier nahe um den Mantel noch.

Und an der Türe stehn geringe Leute,
Mühsel'ge Hirten, doch die Ersten heute,
Und in den Lüften klingt es süß und lind,
Verlorne Töne von der Engel Liede:
Dem höchsten Ehr' und allen Menschen Friede,
Die eines guten Willens sind!

Autor: Annette von Droste-Hülshoff

Weihnachtslied
Wenn traulich mit schimmernden Flocken
Der Winter die Erde bestreut,
Und rings die metallenen Glocken
Sich regen zum Weihnachtsgeläut'

Dann senkt sich auf goldigem Wagen
Das Christkind zur Erde herab.
Von rosigen Wolken getragen.
Im Händchen den silbernen Stab.

Von purpurnem Samt ist sein Röckchen,
Das Krönlein von edlem Gestein,
Und über den wallenden Löckchen
Glänzt blendend ein Heiligenschein.

Und Engel mit farbigen Schwingen
Umringen das liebliche Kind,
Und zitternde Glöckchen erklingen,
Und huldigend flüstert der Wind.

So naht es der Erde Revieren
Mit strahlendem, bunten Gespann
Es öffnen von selbst sich die Türen,
Pocht leise sein Fingerchen an.

Und springen die Pforten, die Riegel,
Bewältigt vom himmlischen Schein,
Dann schwebt es mit leuchtendem Flügel
In Häuser und Hütten hinein.

Es sieht nach den schlafenden Kindern,
Und küßt sie voll Inbrunst und spricht
Schlaft ruhig, ihr möchtet mich hindern.
Schlaft ruhig und störet mich nicht.

Drauf trägt es in jegliches Zimmer
Den prangenden, duftenden Baum.
Wie schmücken mit leuchtendem Schimmer
Die Kerzen der Zweigelein Saum.

Wie funkeln die herrlichen Gaben.
Wer hat sich wohl Schön'res gedacht.
Es weiß, was die Kinder gern haben,
Das hat es denn alles gebracht.

O freut euch. Zu uns auch die Räder
Des Wägeleins hat es gelenkt.
O juble und freue sich jeder.
Wie reich find auch wir heut' beschenkt.

Ertöne melodisch, in leisen
Akkorden, o Weihnachtsgesang.
Christkindchen, empfange der Waisen,
Der Glücklichen, innigen Dank.

Autor: Ferdinand Freiligrath

Am heiligen Abend
O heiliger Abend,
mit Sternen besät,
wie lieblich und labend
dein Hauch mich umweht!
Vom Kindergetümmel,
vom Lichtergewimmel
aufschau ich zum Himmel
in leisem Gebet.

Da funkelt von Sternen
ein himmlischer Baum,
da jauchzt es im fernen,
ätherischen Raum;
da lassen die Sphären
in seligen Chören
glückwünschend sich hören;
mir klingt's wie im Traum.

Es führet mit Feuer
Orion den Chor,
die himmlische Leier
tönt golden hervor;
dann folgen mit Schalle
die Sternelein alle;
dem lieblichsten Halle
lauscht selig mein Ohr:

O Erde, du kleine,
du dämmernder Stern,
doch gleichet dir keine
der Welten von fern!
So schmählich verloren,
so selig erkoren,
auf dir ist geboren
die Klarheit des Herrn!

Wir wandeln da oben
im ewigen Licht,
den Schöpfer zu loben
ist selige Pflicht;
wir wallen und wohnen
seit vielen Äonen
und himmlischen Thronen
und sündigen nicht.

Wir funkeln im alten
urewigen Glanz,
du hast nicht behalten
den himmlischen Kranz;
doch neu dich zu heben
vom Tode zu Leben,
hat dir sich ergeben
der Ewige ganz!

Wir kennen nicht Tränen,
nicht Tod und nicht Grab,
doch ziehet ein Sehnen
zu dir uns hinab,
wo liebend gelitten,
wo segnend geschritten
durch niedrige Hütten
dein göttlicher Knab'.

Du unter den Welten
wie Bethlehem klein,
in himmlischen Zelten
gedenket man dein.
So klangen die Lieder
der Sterne hernieder,
da freut ich mich wieder,
von Erde zu sein.

Autor: Karl von Gerok

Erwartung
Die Kindlein sitzen im Zimmer
- Weihnachten ist nicht mehr weit -
bei traulichem Lampenschimmer
und jubeln: Es schneit, es schneit!

Das leichte Flockengewimmel,
es schwebt durch die dämmernde Nacht
herunter vom hohen Himmel
vorüber am Fenster so sacht.

Und wo ein Flöckchen im Tanze
den Scheiben vorüberschweift,
da flimmert's in silbernem Glanze,
vom Lichte der Lampe bestreift.

Die Kindlein sehn's mit Frohlocken,
sie drängen ans Fenster sich dicht,
sie verfolgen die silbernen Flocken,
die Mutter lächelt und spricht:

Wißt, Kinder, die Engelein schneidern
im Himmel jetzt früh und spät;
an Puppenbettchen und Kleidern
wird auf Weihnachten genäht.

Da fällt von Säckchen und Röckchen
manch silberner Flitter beiseit,
von Bettchen manch Federflöckchen;
auf Erden sagt man: es schneit.

Und seid ihr lieb und vernünftig,
ist manches für euch auch bestellt;
wer weiß, was Schönes euch künftig
vom Tische der Engelein fällt!

Die Mutter spricht's; - vor Entzücken
den Kleinen das Herz da lacht;
sie träumen mit seligen Blicken
hinaus in die zaubrische Nacht.

Autor: Karl von Gerok

Christnacht
Heil'ge Nacht, auf Engelsschwingen
nahst du leise dich der Welt,
und die Glocken hör' ich klingen,
und die Fenster sind erhellt.
Selbst die Hütte trieft von Segen,
und der Kindlein froher Dank
jauchzt dem Himmelskind entgegen,
und ihr Stammeln wird Gesang.

Mit der Fülle süßer Lieder,
mit dem Glanz um Tal und Höh'n,
Heil'ge Nacht, so kehrst du wieder,
wie die Welt dich einst gesehn,
da die Palmen lauter rauschten,
und, versenkt in Dämmerung,
Erd' und Himmel Worte tauschten,
Worte der Verkündigung.

Da, mit Purpur übergossen,
aufgetan von Gottes Hand,
alle Himmel sich erschlossen,
glänzend über Meer und Land;
da, den Frieden zu verkünden,
sich der Engel niederschwang,
auf den Höhen, in den Gründen
die Verheißung wiederklang;

Da, der Jungfrau Sohn zu dienen,
Fürsten aus dem Morgenland
in der Hirten Kreis erschienen,
Geld und Myrrhen in der Hand!
Da mit seligem Entzücken
sich die Mutter niederbog,
sinnend aus des Kindes Blicken
nie gefühlte Freude zog.

Heil'ge Nacht, mit tausend Kerzen
steigst du feierlich herauf,
o, so geh' in unsern Herzen,
Stern des Lebens, geh' uns auf!
Schau, im Himmel und auf Erden
glänzt der Liebe Rosenschein:
Friede soll's noch einmal werden
und die Liebe König sein!

Autor: Robert Eduard Prutz

Weihnachtsfest
Der Winter ist gekommen
Und hat hinweg genommen
Der Erde grünes Kleid;
Schnee liegt auf Blütenkeimen,
Kein Blatt ist an den Bäumen,
Erstarrt die Flüsse weit und breit.

Da schallen plötzlich Klänge
Und frohe Festgesänge
Hell durch die Winternacht;
In Hütten und Palästen
Ist rings in grünen Ästen
Ein bunter Frühling aufgewacht.

Wie gern doch seh ich glänzen
Mit all den reichen Kränzen
Den grünen Weihnachtsbaum,
Dazu der Kindlein Mienen
Von Licht und Luft beschienen!
Wohl schönre Freude gibt es kaum!

Da denk' ich jener Stunde,
Als in des Feldes Runde
Die Hirten sind erwacht,
Geweckt vom Glanzgefunkel,
Das durch der Bäume Dunkel
Ein Engel mit herab gebracht.

Und wie sie da nach oben
Den Blick erschrocken hoben
Und sah'n den Engel stehn,
Da staunten sie wohl alle,
Wie wenn zum ersten Male
Die Kindlein einen Christbaum sehn.

Doch was ist all Entzücken
Der Kindlein, die erblicken,
Was ihnen ward beschert:
Gedenk ich, wie die Kunde
Des Heils von Engels Munde
Die frommen Hirten angehört!

Und rings ob allen Bäumen
Sang in den Himmelsräumen
Der frohen Engel Schar:
Gott in der Höh' soll werden
Der Ruhm, und Fried auf Erden
Und Wohlgefallen immerdar.

Drum pflanzet grüne Äste
Und schmücket sie aufs Beste
Mit frommer Liebe Hand,
Dass sie ein Abbild werden
Der Liebe, die zur Erden
Solch großes Heil uns hat gesandt.

Ja, laßt die Glocken klingen,
Daß, wie der Englein Singen,
Sie rufen laut und klar:
Gott in der Höh soll werden
Der Ruhm, und Fried auf Erden
Und Wohlgefallen immerdar!

Autor: Robert Reinick

Weihnachtslied
Und zögst du tausend Meilen weit
In alle Welt hinaus,
Und kommt die liebe Weihnachtszeit,
Du wollt'st, du wärst zu Haus.
Die Nachtigall, so süß sie singt,
Weckt Sehnsucht nicht so sehr,
Als wenn das Weihnachtglöckchen klingt
Von deiner Heimat her.

Da fällt dir mit dem Tannenbaum
Und mit dem Lichterschein
Der ganze schöne goldne Traum
Von deiner Kindheit ein.
Es wird dir so erinnrungsmild,
Die Tränen kommen schier
Und manches liebe Menschenbild
Tritt vor die Seele dir.

Und mancher, der dir teuer war,
Und Gutes dir erzeigt,
Der schläft nun auch schon manches Jahr,
Die Erde sei ihm leicht!
Und wem du in der Heimat bist
in Liebe zugetan,
Dem stecktest du zum heil'gen Christ
Gern auch ein Lämpchen an.

Und bist geschieden du in Groll,
Heut' tut dir's doppelt leid,
Und denkst nach Haus wohl wehmutsvoll,
Das macht die Weihnachtszeit!
Denn bitt'rer ist die Fremde nicht
Als in der Weihnachtslust,
Wo du, ein unbekannt Gesicht,
Bei Seite treten mußt.

Drum, zögst du tausend Meilen weit
In alle Welt hinaus,
Und kommt die liebe Weihnachtszeit,
Du wollt'st, du wärst zu Haus.
Die Nachtigall, so süß sie singt,
Weckt Sehnsucht nicht so sehr,
Als wenn das Weihnachtglöckchen klingt
Von deiner Heimat her.

Autor: Friedrich Stoltze

Am Weihnachtsabend
Hörst du den Ruf der Glocke,
Mein holdes Töchterlein?
Nun juble und frohlocke,
Nun sollst du selig sein!
Nun sollen deine Wangen
Vor lauter Freude glühn,
Und Funken vor Verlangen
Die dunklen Augen sprühn!

Die bunten Kerzen flimmern
Am grünen Weihnachtsbaum,
Das ist ein Glitzern, Schimmern,
Wie holder Märchentraum!
Lass deine Blicke schweifen
Zum Tisch, von Gaben schwer,
Du darfst nach allem greifen,
Was immer dein Begehr!

Wie liegt in bunten Gruppen
Das Spielzeug hier gereiht,
Wie fesseln dich die Puppen
In schönem Seidenkleid!
Dir sind sie ja Geschöpfe
Von echtem Fleisch und Blut,
Du hauchst in Puppenköpfe
Der eignen Seelen Glut!


Doch dir gefällt am besten
Des Baumes bunte Zier,
Wie’s flüstert in den Ästen,
Von Rauschgold und Papier.
Die goldenen Nüsse funkeln
Wie helles Sternenlicht,
Das freundlich aus dem Dunkeln
Der Fichtennadeln bricht.

Zwar freut dich die Bescherung,
Doch deine Augen sind
Gerichtet in Verklärung
Nach jenem Jesuskind!
Das grüßt aus grünen Zweigen
Und nickt dir traulich zu,
Als wollt’s heruntersteigen
Und fröhlich sein, wie du!

O träum’ ihn ohne Grenzen,
Der Kindheit goldnen Traum!
Viel tausend Lichter glänzen
An deinem Lebensbaum;
Und ob, wie Weihnachtskerzen,
Sie schnell erlöschen auch, -
Das Licht im tiefen Herzen
Bewahr von jedem Hauch!

Autor: Albrecht Graf von Wickenburg

Weihnacht
Ein "Weihnachtslied!" wie manches ward gesungen
Seitdem der Stern ob Bethlehem verglüht!
Du kindlich reinste der Erinnerungen,
Wie ziehst du heute wieder durch’s Gemüt,
Der Christbaum glänzt, das ist ein Flimmern, Leuchten,
Dem Kindesblick dehnt sich der Himmel weit,
Aus deinen Augen strahlt’s, den wehmutfeuchten:
Das war die fröhlich - sel’ge Weihnachtszeit!

Auch das vorbei! Gelöscht die tausend Kerzen,
Die Christkinds weiße Hand zur Flamm’ entfacht,
Manch neues Glück zog ein in deinem Herzen
Und schlich sich fort in zweifelsschwerer Nacht.
Nun lässt dein Auge neidlos andre springen,
Im Reigen jubeln um den Tannenbaum,
Das schönste Lied muss allgemach verklingen,
Als Weiser lächelst du: es war ein Traum!
Allüberall ist Weihnachtszeit auf Erden,
Und jeder Tag des Jahres hat sein Fest:
Wenn gute Taten noch geboren werden,
Noch glimmt von Menschenlieb’ in dir ein Nest,
Hörst du’s vom sternbesäten Himmel schallen
Wie Orgelbrausen, Glockenfestgeläut’:
"Auf Erden Fried, am Menschen Wohlgefallen,
Der Heiland ist aufs neu geboren heut!"

So mag das neu’ste Jahr gefasst und finden,
Wir treten kühn durch seine Pforten ein;
Wie alle frühern wird es lösen, binden,
Dem Hölle nur, dem andern Himmel sein!
Doch in des Christnachtzaubers Dämmerweben,
Draus hell die Liebe strahlt im Lichtermeer,
Sei Festtags - Losung: Freude liegt im Geben!
Anrecht auf Glück hat alles um uns her!

Autor: Alfred Beetschen

Weihe-Nacht
Ein leises Rauschen durch die Tannenzweige -
des kurzen Tages Zwielicht geht zur Neige.

Im Westen glimmt ein matter Rosenstreif,
auf stille Fluren fällt der weiße Reif.

Der weiße Reif, der rings das Feierkleid
der Erde stickt mit flimmerndem Geschmeid.

Der Abend kommt. Es kommt die heilige Nacht,
die aus den Menschen selige Kinder macht,

die Weihe-Nacht, da trost- und wundersam
ein Märchentraum zur dunklen Erde kam:

Der Friedenskönig, den die Welt verstieß,
weil er die Armen Gottes Kinder hieß.

Weil er den Sanften, der den Frieden liebt,
den Liebenden, der seine Seele gibt,

weit über alle Reichen dieser Welt,
hoch über alle Herrschenden gestellt.

Du Weiser, seit die Engelharfen klangen,
sind nun Jahrtausende dahingegangen,

die deinen Namen auf den Fahnen trugen
und zu den fernsten Ländern Brücken schlugen,

Millionen Kirchen prangen dir zum Ruhme,
die ewige Flamme brennt im Heiligtume ...

Und dennoch, du, der Sklaven Heil gespendet,
du wärst noch heut in tiefe Nacht gesendet,

du schienst auch heut in unser finstres Tal
aus fernen Himmeln, ein verirrter Strahl;

und gingest du im schlichten Arbeitskleid
durch deine Menschheit, deine Christenheit,

sie hätten heute dir das Kreuz errichtet
und morgen dir den Holzstoß aufgeschichtet!

Hoch auf dem Grunde, den dein Blick gesucht,
darüber hin rast laut der Zeiten Flucht,

da regt sich’s dumpf, und aus der Erde Schoß
ringt sich der Urquell aller Sehnsucht los.

Die Welt durchhallt ein Schrei nach Luft und Licht:
Wann braust du, Strom, der Wall und Schranke bricht?

Wann kommst du, Tag, da hell die Sonne steigt,
vor deren Glanz der tiefste Schatten weicht?

Autor: Clara Müller-Jahnke

Der Stern
Im Himmel, da war groß Ach und Weh bei allen Engeln,
weiß wie Schnee, und hub an an bitterlich Weinen
bei den großen wie bei den kleinen:
"Dass ihr es wisst, dass ihr es wisst:
Christkindleins Stern verschwunden ist,
den es trug in feinem güldenen Haar,
der unser aller Freude war,
der so köstlich gebrannt den drei Königen aus dem Morgenland,
der über Bethlehems Krippe stand,
der Wunderstern, der Weihnachtsstern -
nun ist er verloren, nun ist er fern"!

Sprach ein Englein, und das sprach gut:
"Was hilft es, wenn man nur jammern tut!
Wir müssen suchen und fliegen,
dass wir es wieder kriegen!
"Sprach ein drittes: "Was hilft das Klagen?
Müssen's eben Gottvater sagen,
der alles weiß, was ihr nicht wisst.
Der weiß auch, wo das Sternlein ist!"

Sprach's Christkind - und sprach's nicht froh:
"Ach nein, ich schäme mich ja so!
Wär mir schon lieb,
wenn's Gottvater noch verschwiegen blieb,
Vielleicht, dass es glückt,
dass einer uns das Verlorene schickt,
eh' Er es merkt in seinem Sinn,
dass ich so ohne Sternlein bin!"
Sprach ein viertes, und das war schön:
"So wollen wir zu Sankt Peter geh'n,
vielleicht hat er es vorbeifliegen sehn!"
Da riefen alle: "Ei ja, ei ja!"
und - burr, burr . schon waren sie da!

Sankt Peter - nein, der wusste nichts
vom Weihnachtsstern voll goldenen Lichts,
hatte wohl auch ein wenig genickt
und nicht immer so recht hingeblickt,
sprach nur: "Ei,ei!"
Und dass das 'ne dumme Geschichte sei!
"Denn heut' abend, das wisst ihr doch,
muß ja Christkind zur Erde noch!
Heiligabend ist bald heran,
da Stecken sie unten die Lichter an.
Es will doch ein jeder seine par Gaben
und himmlischen Glanz in sein Häusel haben,
wie's Christkind ihn bringt vom ewigen Licht.
Und ohne Stern? Ja - das geht doch nicht!

So sprach Sankt Peter, der Pförtnermann.
Da fingen sie wieder zu weinen an, die armen Tröpfe,
senkten die Flügel und hingen die Köpfe,
und's Christkind bat:
"Sankt Peter, weißt du denn gar keinen Rat?"
"Tja -," meinte Sankt Peter und zog ein Gesicht,
"da heißt's eben - suchen! Mehr weiß ich nicht.
Suchen im Himmel und auf der Erde,
ob es nicht doch noch gefunden werde,
suchen umher in der ganzen Welt,
wo wohl das Sternlein niederfällt!
So fliegt nach Süden und fliegt nach Norden,
bis dass es Heiligabend geworden!
Fliegt nach Ost und fliegt nach West
bis zum himmlischen Weihnachtsfest!
Sucht und fliegt, ob ihr das Sternlein wiederkriegt!"

Auf rauschte das Tor,
hui stob es hervor
und stürmte mit silbernem Flügelgebraus
wie schwingende Schwäne zum Himmel hinaus!
Mit wehem Blick
Christkindlein kehrte allein zurück
und seufzte bänglich beim Lilienwinden:
"Ob Sie's wohl finden?"
Die Sonne sinkt, die Zeit verrinnt,
in Lilien sitzt das Himmelskind,
sitzt ganz allein im Glorienschein:
"Wo bleiben meine Engelein?
Sankt Peter geh! Sankt Peter schau!
Siehst du noch nichts im Himmelsblau?"
Sankt Peter guckt durchs goldene Tor
- da rauscht's empor
durch Rosenwolken und Abendsonne
wie schwingende Schwäne zur himmlischen Wonne
und schwirrt und schwebt
und zagt und bebt,
faltet die Flügel und kniet und spricht:
" Das Sternlein vom Haupte, wir fanden es nicht!"

Da ist das Christkind aufgestanden
aus Lilien schön:
"Wenn Sie mein Sternlein nimmer fanden,
so will ich selber suchen geh'n."
Ließ hinter sich der Englein Not
und schritt hinaus in's Abendrot.
Im Nest verglomm das letzte Licht.
Die liebe Sonne ging zur Ruh.
Die Flocken fielen weich und dicht und immerzu
- und immerzu.
Die Wälder trugen schwer an Schnee,
wo sonst sich wiegte Blatt an Blatt
- vermummelt schliefen Tal und Höh',
und weiß im Wirbel lag die Stadt.
Schon stand geschmückt in jedem Haus
der Tannenbaum so freudevoll
und grünte in die Nacht hinaus.
Ob nun das Wunder kommen soll?
Und alle Kindlein lauschten,
ob nicht schon Flügel rauschten
im Weihnachtswind vom Himmelskind,
und waren rein wie toll.

Der blasse Heini aber stand
im Schnee so tief,
sein Spielzeug in erstarrter Hand,
und rief und rief:
"Kauft Hampelmänner, liebe Leut'!
's ist Weihnacht heut!"
So rief er trüb und trüber.
Doch jeder lief, ob nah, ob weit,
voll Emsigkeit vorüber, ach vorüber!
Sie sahen nicht, sie hörten's kaum.
"Nach Haus, nach Haus zum Weihnachtsbaum!"
Der Heini blieb im Schneewind steh'n
und wischte sich ein Tränlein ab.
Willst du nicht auch nach Hause geh'n,
du kleiner Spielzeugknab?
Ist dir kein Bäumlein beschert?
Kein Heimathaus? Kein warmer Herd?

O bittere Not!
Daheim im Dorf Stiefmutter droht
mit Schelten und mit Schlagen:
"Kehr nimmer mir nach Haus zurück,
eh' nicht verkauft das letzte Stück!"
So stand er da, vom Wind umschneit:
"Kauft Hampelmänner, liebe Leut!"
Doch als die Straße menschenleer,
da wandt' er sich und rief nicht mehr,
ließ Stadt und Haus
und schlich betrübt zum Wald hinaus.
Der Wald lag schwarz, der Wald lag schwer
und Weg wie Steg verschneit umher,
kein Stern, kein Lichtlein angezünd't,
dass man den Weg nach Hause find't.
So stapft' er mühsam durch die Nacht
in dumpfer Qual.
Am Rosenbon im Felsental,
da hat er müde halt gemacht:
"Hier grab' ich mir ein Grübelein,
das soll mein Haus und Bette sein,
drin schlaf' ich weich und sacht."
Und wie er griff, und wie er grub
mit bitterkalten Fingerlein - da sieh
- o sieh, ein goldener Schein
sich funkelnd aus der Tiefe hub!
Das flackerte und flimmerte mit lichtem Zackenrand!
Ein feuerstrahlend Sternlein,
das hielt er in der Hand!

"O Himmelswunder," rief er aus,
"Du güldne Zier und süßer Schein!
Das bring ich Mutter mit nach Haus,
so kann sie nimmer böse sein!"
Ihm war so wohl und weich zumut,
als er das lichte Kleinod hielt,
er barg es unterm Kleide gut,
hat nichts von Bangen mehr gefühlt.
Er streckte sich und reckte sich
mit Flocken weiß zur letzten Ruh,
sprach sein Gebet, vom Wind umweht,
dann - fielen ihm die Augen zu.
Kein Wind im Tann,
kein Flöckchen mehr,
nur hie und da und dann und wann
stäubt weiße Last von Zweig und Ast
- und wieder Stille weit umher.
Jagt eine Taube durch den Wald
und sah im Fliegen
im Flockenbett so stumm und kalt
den blassen Schläfer liegen:
"O weh! Ein Büblein hier im Schnee!
Tut sich nicht rühren, so wird's erfrieren.
Wie hülf' ich gern dem Kinde!
Hab' keine Zeit, ich muß noch weit
durch Wolken und durch Winde,
dass ich ihn such' und finde,
den güldenen Himmelsstern!"
Ein sanftes Windessausen,
zwei Taubenschwingen brausen
- schon war sie meilenfern.

Da ging ein Leuchten durch den Wald
in sanfter Pracht.
Das war so süß und wundersam,
die Hirsch und Rehlein standen zahm,
weil es vom heil'gen Kinde kam.
Das wandelt durch die Nacht und bückte sich,
bald hier, bald dort
und hin und her von Ort zu Ort
und suchte nah und ferne
nach dem verlornen Sterne.
Nun stand es still und sah erschrocken
das Menschlein müde hingestreckt,
so weiß wie das Gewand der Flocken,
das ihn bedeckt:
"Wach auf, wach auf, du blasser Knab'!
Wirf Schneegewand und Schlummer ab
und geh geschwind, nach Hause, Kind,
dass Dir das Bäumlein angezünd't!"
Es nahm ihn sanft in seine Arme
und streichelte sein Angesicht,
dass er erwache und
erwärme in soviel Lieb' und Himmelslicht.
Doch regt er nicht die zarten Glieder,
die schmale Wange ward nicht rot,
schwer in die Flocken sank er wieder.
Der kleine Heini, der war - tot!

Da ließ das Kindlein Stern und Erde,
hub seine Schwingen weiß und breit
und trug mit lächelnder Gebärde
ihn heim zur schönen Ewigkeit.
O seliges Schweben zum ewigen Leben!
Höher und höher, dem Göttlichen näher,
zum Licht empor!
Tief drunten verlassen die irdischen Gassen!
Und siehe, von ferne im Feuer der Sterne
schon funkelt von Eden das himmlische Tor!
Im himmlischen Garten,
da sitzen die Englein
mit fiebernden Wänglein
und wispern und warten:
"Schon naht sich die Stunde,
da rings in der Runde
voll Wonne erwacht die heilige Nacht!
Schon werden auf Erden die dämmernden Räume
wie selige Träume von Lichtern erhellt.
Es knistern die Kerzen,
erwarten voll Sehnsucht den Heiland der Welt.
Wo säumt er so fern?
Ach, kaum noch ein Stündlein!
Wann naht sich das Kindlein? W
ann leuchtet sein Stern?"

So raunen sie mit bangen Mienen
und drängen aneinander dicht -
da steht es plötzlich unter ihnen,
ein Lächeln auf dem Angesicht:
"Blieb auch mein Sternlein mir verschwunden,
seht, seht, was ich hier im Schnee gefunden!"
Und alles reckt, und alles schaut
und starrt und staunt bald leis,' bald laut:
"O seht geschwind!
Ein Büblein ist's, ein Menschenkind!
Wie schaut es so blaß!
Sein Röcklein, wie naß!
Ei - ob sich's wohl rührt?
Ob's schläft? Ob's friert?
Ich lös' ihm die Schuhe! Ich wärm' ihm die Füß'!
Ich bring ihm zwei Flüglein vom Paradies!
Ich weck' ihn! Ich deck' ihn!
Ich sing ihm ein Lied!
Ach laßt ihn doch schlummern, er ist ja so müd!"

So schwebt es und schwirrt es
und gafft es und girrt es
und streichelt die Löcklein
und zupft ihn am Röcklein mit flatternden Flügeln,
der himmlische Hauf.
Christkindlein aber lächelt und neigte sich
und beugte sich und küßt ihn mitten auf den Mund.
Da schlug er groß die Augen auf
und blickt umher und faßt' es kaum: Ist's nur ein Traum,
was ihm geschah, und was er sah?
Der Engel Heer, des ew'gen Himmels Herrlichkeit,
ist's Wirklichkeit?
"Kauft Hampelmänner, liebe Leut'!"
so möcht er sagen,
kann's doch nicht wagen
und stammelt nur - und stockt - und spricht:
"Verlor ich auch das Sternlein nicht?"
Und mit der Hand aus dem Gewand
holt er das Wunderkleinod vor.
Hui, flammt empor der goldene Brand
hoch über die Himmel in funkelnder Pracht!
Von Glanz erhellt liegt alle Welt,
begonnen hat die heilige Nacht!

Und Engel Jauchzen nah und fern.
"Der Stern! Der Stern! Der Weihnachtsstern!"
Eia, eia! Nun ist er da! O seliges Wunder, wie es geschah!"
Christkindlein spricht, Christkindlein winkt:
"Wer mir das Sternlein wiederbringt, dem bin ich hold,
könnte sich wünschen, was er wollt',
ich würd's ihm schenken
und sein in ewiger Lieb' gedenken.
So hab ich's versprochen, so will ich's tun.
So rede, Büblein, und sage mir nun,
wie soll ich dir lohnen, wie dich begaben,
dass du das Sternlein mir wiedergebracht?
Möchtest zwei schimmernde Flügel du haben,
selig zu fliegen bei Tag und bei Nacht,
Licht wie die Sonne, wie Schnee so rein?
Willst du ein Engel in Eden sein?"
Und alle Englein jauchzten da:
"Das wünsche dir, lieb Büblein, ja!
Hier ist die Wonne, hier ist das Leben!
Sieh, wie wir singen und schwingen und schweben
fröhlich und selig im himmlischen Licht
- Bitte nur, Büblein, und fürchte dich nicht!"

Der Heini kniete vor dem Kind
und faltet die Händ' geschwind:
"O heil'ger Christ,
da du so liebreich zu mir bist,
so sende mir zwei Englein aus,
die sollen mich bringen wieder nach Haus,
dass Mutter nicht vergeblich harrt,
und dass ihr auch ein Bäumlein ward!
Und könnt' es sein, o heilig Kind,
mach' auch ihr Herz mir wohlgesinnt,
dass sie voll Freud von diesem Tag
mich Büblein lieb gewinnen mag!"
Christkindlein sprach und hob die Schwingen:
"Wie du gewollt, so mag's geschehen!
Ich selber will nach Haus dich bringen,
und auch das Bäumlein sollst du sehen!
Horch, schon läuten die Glocken auf Erden!
Weihnacht, Weihnacht will es nun werden!
Hurtig, ihr Englein, reget die Schwingen!
Auf die Tore! Zur Tiefe soll bringen
dein Glanz, mein Stern, über Länder und Meer.
Vom Himmel hoch, da komm' ich her!"

Auf rauschten die Tore, es glänzten die Schwingen,
und die Luft war voll von dem Sausen und Singen:
"Friede auf Erden! Ehre dem Herrn!"
Und funkelnd strahlte der Betlehemsstern.
Ein Hüttchen aber ganz allein
stand ohne Freud und Weihnachtsschein,
hatte kein Bäumlein und keine Zier,
sprangen auch keine Kindlein herfür,
kein Glöckchen klang, kein Lichtlein schien
mit seligem funkeln durch Nadelduft und Tannengrün.
Doch drinne im Dunkeln lag eine Mutter auf den Knien,
sprach: "Heiliger Christ, du Himmelskind,
gib, dass ich Freud' und Friede find'!
So bitt' ich dich aus Herzensgrund;
Schenk mir das Büblein, heil und gesund,
das ich verstieß und von mir ließ
in Eis und Schnee, in Wetter und Wind!
Und bin ich hart und lieblos gewesen,
ach, nun schon manches lange Jahr,
weil's nicht mein eigen Kindlein war,
so heile du mich denn vom Bösen
und reiche mir als Gnade dar,
dass ich die Mutterliebe fände!
Das wär' die schönste Weihnachtsspende!
Und könnt' es sein, o heilig Kind,
mach auch sein Herz mir hold gesinnt,
dass er voll Freud' von diesem Tag
als Mütterlein mich lieben mag!"

So seufzte sie und hob die Knie -
Da horch! Da sieh!
Den Wald entlang
himmlische Stimmen süßer Gesang,
näher und näher, mehr, immer mehr:
"Vom Himmel hoch, da komm ich her!"
Und heller Schein und goldenes Licht
wie funkelnde Sterne in's Hüttlein bricht.
Doch mitten im Stüblein
"O Mutter!" " O Büblein!"
"Stille Nacht! heilige Nacht!"
Da steht der Heini und weint und lacht!
Und um ihn leise, in ganz heimlicher Weise,
da weht es und wiegt es, flattert und fliegt es,
flattert und fliegt es wie flockige Träumlein:
Schleppen ein Bäumlein aus würzigem Tann,
hängen Äpfel dran, stecken Lichter an,
rück und bücken mit himmlischen Gaben,
hier ein Päcklein, was sie nur Schönes zu schenken haben,
jedes sein sauber an seinem Ort,
reden kein Wort - husch, sind sie fort!
Nun liegt auch dieses Hüttlein ganz
in Weihnachtsduft und Kerzenglanz,
und drinne leuchtet jeder Blick
von Kinderlust und Mutterglück.
Denn wo sich Lieb zu Lieb gefunden,
ist alle Finsternis geschwunden.

Autor: Adolf Holst

Die Festnacht
Dies' Gefühl, das sich rührt in mir,
ist mit nichts zu vergleichen, ich sag es dir.
So tröstend, so festlich, so unfassbar warm!
Wie ein Heimkommen ist es, mit ganz eignem Charme.
Die Lieder im Radio, sie sind jedes Jahr gleich.
Doch grad das ist so herrlich, ich fühl mich so reich.
Die Jahre vergehen, auch dieses ging schnell,
doch am Ende des Jahres leuchtet es immer besonders hell!
Heller als jedes Scheinwerferlicht,
ist die Flamme der Weihnachtskerze auf meinem Gesicht.
Heut sind wir zusammen, so wie es soll sein,
die Familie, die Lieben, im glanzvollen Schein.
Das vertraute Gefühl, es liegt in der Luft,
genau wie der wärmende Kekserl-Duft.
Diese Zeit im Jahr ist einzigartig, bald ist sie wieder vorbei, gebt nur Acht!
Kostet sie aus, mit jedem Moment, die heilige Festnacht.

Autor: weihnachtsgedichte.biz

Es bricht an die schöne Weihnachtszeit
Es bricht an die schöne Weihnachtszeit,
eingeläutet von der Glocken hellem Schall,
in diesen Tagen wünscht sich jeder Friede und Freud,
von Europa nach Asien, ja, überall.

Chöre erhellen den Tag mit süßem Gesang,
Zimt, Lebkuchen und Bratapfelduft,
erfüllen im ganzen Land die Luft.
Ja, Weihnachten ist die Zeit von Gerüchen und Klang.

Dann ist er da, der große Tag,
an dem kein Kind still sitzen mag,
die Pakete stapeln sich unter dem Baum,
Spannung und Vorfreude liegen im Raum.

Doch Weihnachten ist mehr als Geschenke und Essen,
das sollten wir alle nie vergessen,
Es geht um Liebe und Großzügigkeit,
daran erinnern wir uns jede Weihnachtszeit.

Autor: weihnachtsgedichte.biz

Weihnachten wie immer
Weihnachten, wieder Mal.
Schon wieder Qual.
Die Qual der Wahl.
Mach ich es so wie immer
und dekorier‘ die Zimmer?
Oder ist das zu spießig
mein "Retro-Hunger" riesig?
Ich weiss nicht recht und drum
mach ich nicht lange rum.
Na klar, dieser will das,
jener kriegt dann nen Hass.
Auf wen, liegt auf der Hand.
Auf den, der sich’s getraut,
mit allen sich’s versaut.
Nur, weil er’s halt Mal anders will,
besinnlich, ehrlich, schlicht und still.
Ohne Geschenke-Kauf
und Ausgaben zuhauf.
Stattdessen lieber chillig,
nur Essen geh’n, nicht billig.
Dafür mehr Zeit und Muse
nebst Frau in schönster Bluse.
Es könnte funktionieren,
man müsst es nur probieren.
Doch daran scheitert’s immer,
das Risiko scheint schlimmer,
dass Family hienieden,
verliert den Weihnachtsfrieden.
Vielleicht auch den Verstand,
es liegt doch auf der Hand:
"Mal anders" kannst vergessen,
denn alle sind versessen.
Auf: "Weihnachten WIE IMMER"

Autor: weihnachtsgedichte.biz

Hinweis:

Unsere Gedichte-Sammlung wird durch unsere fleißigen Besucher zu Weihnachten stets erweitert. Mach auch Du mit und trage lange Weihnachtsgedichte ein, die auf unserer Seite bisher nicht zu finden sind. Gedicht eintragen

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